Auf dem Oval des Neuendorfer Angers hatte seit 1585 ein erstes Fachwerk-Kirchlein gestanden. Als es baufällig wurde, begann man südlich davon den Bau der heutigen „Alten Neuendorfer Kirche“, die zu den eigenwilligsten Schöpfungen Friedrich Wilhelm IV. (1795 – 1861) gehört. Dessen Skizze eines oktogonalen Zentralbaus mit Motiven der Kirche St. Gereon in Köln ließ sein Hofbaurat Ludwig Ferdinand Hesse (1795 – 1876) in den Entwurf einfließen. Ein anderer Baumeister der Schinkel-Schule, der Bauinspektor Christian Heinrich Ziller (1791-1868), leitete die Ausführung des unverputzten gelben Backsteinbaus in den Jahren 1850 bis 1852. August Stüler (1800-1865) war an der Revision des Entwurfs beteiligt. Nach der Einweihung am 30. Januar 1853 folgte der Abriss der alten / ersten Fachwerkkirche.
Eine rasant anwachsende Industrie und der damit verbundene Bevölkerungsanstieg im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ließen die Kirche schon bald zu klein werden. 1872 baute man eine zweite Empore ein, doch entstand 1898/99 an der Stelle der einstigen Fachwerkkirche das dritte Gotteshaus auf diesem Platz. Nach Plänen des geheimen Regierungs- und Baurats Ludwig von Tiedemann (1841 – 1908) errichtete der Neuendorfer Bauführer Erich Riemasch (1877 – 1962) unter der Leitung von Arthur Kickton (1861 – 1944) die neugotische Bethlehemkirche mit einem seitlich stehenden, 55 Meter hohen Spitzturm.
Die nunmehr Alte Neuendorfer Kirche wurde entwidmet und diente fortan als Lager für mehrere Handwerker des Ortes. Als die Bethlehemkirche 1941 und 1945 infolge der Kriegseinwirkungen beschädigt worden war, erwog man, die Alte Neuendorfer Kirche zur gottesdienstlichen Nutzung wiederherzurichten, da deren Kriegsschäden beherrschbar erschienen. Doch die politische und wirtschaftliche Entwicklung in der Nachkriegszeit ließ es ratsamer erscheinen, den Saal im nahen modernen Gemeindehaus (Schulstraße 8c) zu einem würdigen Kirchsaal auszubauen. 1952 sprengte man den um 5 Meter aus dem Lot geratenen Turm und die Reste des Kirchenschiffs der Bethlehemkirche.
Heute ist ihr Grundriss als Ziegelschicht im Rasenplatz erkennbar.
„Der Eine konstruiert, der Zweite baut, der Dritte macht Musik“
Aus der ersten Initiative Einzelner zum Wiederaufbau der Alten Neuendorfer Kirche ab 1999 und mit der Gründung des Fördervereins Alte Neuendorfer Kirche und Neuendorfer Anger e.V. unter dem Vorsitz der Theologin Gisela Opitz † wurde in kurzer Zeit eine Bewegung, die von großen Teilen der gesamten Potsdamer Bevölkerung gefördert und getragen wurde.
Zu den ersten Arbeiten zählten die Beräumung des Dorfangers von Schutt und Müll sowie die Freilegung der Fundamente der 1952 von der DDR gesprengten angrenzenden Betlehemkirche. Es folgte die Einrüstung der Kirche und die Rekonstruktion der Mauerkrone. Auch nichtbauzeitliche Anbauten und Mauerungen ließen sich behutsam zurück bauen. Im Jahr 2002 wurde der tonnenschwere Dachstuhl zusammengebaut und in einer spektakulären Aktion auf die Mauerkrone gehoben. Das Dach daraufhin in traditionellem Schiefer gedeckt und das Kirchenkreuz nach historischen Plänen angefertigt. Unter fachlicher Führung wurde das Gewölbe in Rabitztechnik errichtet, dessen blauen Himmel dank der Spenden von Potsdamer Bürgerinnen und Bürgern 997 vergoldete Sterne zieren. Nach fast hundertjähriger Zwangspause konnte dann im Jahre 2004 der erste Weihnachtsgottesdienst stattfinden. Es folgten der Einbau der historischen Maßwerkfenster und Bleiverglasungen sowie einer zeitgemäßen Erdwärmeheizung in Wand und Fußboden.
Seinen Abschluss fand der Wiederaufbau im Jahr 2007 mit der rekonstruierten Empore, welche auch die historische Raumsituation nachbildet und mit der Herstellung der originalgetreuen Glocke.
Aus der Initiative, die Kirchenruine vor dem Abriss zu bewahren und für die nächste Generation zu retten, gelang es unter überwältigender Beteiligung zahlreicher Potsdamer Baufirmen, Helfer/innen und Spender/innen innerhalb von sieben Jahren die komplette Fertigstellung zu realisieren. Am 08.09.2007 wurde die Alte Neuendorfer Kirche als kleines Wunder von Babelsberg feierlich übergeben und dient seitdem als Außenstelle des Potsdamer Standesamtes. Dieser stimmungsvolle Raum, von dessen wiederentstandenem Gewölbe goldene Sterne glitzern, wird nun ganzjährig durch Eheschließungen, Ausstellungen, Gottesdienste, Konzerte und Festivitäten mit Leben gefüllt.
Besonders zu würdigen sind alle Fenster-, Stuhl-, Tür- und Sternpaten. Paten der Schmuckelemente der Empore und Sponsoren die den Wideraufbau der Alten Neuendorfer Kirche unterstützt haben.
Spenden für die Instandhaltung, Betriebskosten und Pflege der Alten Neuendorfer Kirche sind willkommen!
IBAN: DE98 1009 0000 1593 4550 13 / BIC: BEVODEBB / Berliner Volksbank
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.